Kategorien: Produktion, Technik | 12 Min. Lesezeit

ChatGPT: Unterstützung für die Kreativbranche?

Die KI ChatGPD hebt den Einsatz von künstlicher Intelligenz auch für Endverbraucher auf ein völlig neues Level. Wir haben uns den smarten Assistenten mal näher angeschaut und uns dabei insbesondere gefragt, welche Auswirkungen er auf die Kreativbranche haben könnte.

"Wie ChatGPT die Kreativbranche beeinflusst"

„Die Entstehung von Chatbots und künstlicher Intelligenz hat eine große Auswirkung auf verschiedene Branchen, und die Kreativbranche bildet dabei keine Ausnahme. Mit der Entwicklung von ChatGPT, einem großen Sprachmodell, das in der Lage ist, menschenähnliche Interaktionen durchzuführen, können die Möglichkeiten für kreative Prozesse erweitert werden. Auf der einen Seite gibt es eine wachsende Anzahl von Tools, die Künstlern und Designern helfen, ihre Arbeit zu automatisieren und zu vereinfachen. Auf der anderen Seite gibt es auch Bedenken bezüglich der potenziellen Auswirkungen auf die Rolle von Kreativen in der Industrie. In diesem Artikel werden wir uns näher damit beschäftigen, wie ChatGPT die Kreativbranche beeinflusst.“

So drückt es die neue KI ChatGPT des Unternehmens OpenAi selbst aus, lässt man sie eine Überschrift samt Einleitung über das Thema „Auswirkungen von ChatGPT auf die Kreativbranche“ schreiben. Hätten Sie auf Anhieb erkannt, dass hier eine künstliche Intelligenz als Autor aktiv gewesen ist und kein Mensch? Zugegeben, ab und zu sind die Antworten noch etwas hölzern oder beinhalten kleinere grammatikalische Fehler. Zudem stellen sich so manche vermeintliche Fakten auch als Falschinformationen heraus. Das ist besonders heikel, wenn Themen bearbeitet werden sollen, die sich auf fundierte Fakten, wie z.B. wissenschaftliche Studien, stützen sollen. In der Kreativbranche geht es aber nicht immer um Fakten und der Chatbot kann auch kreativ tätig werden – sich z.B. Geschichten ausdenken, Social Media Posts schreiben und sogar im Erstellen und Debuggen von Code behilflich sein. Wir haben ein paar erste Tests mit dem neuen Tool durchgeführt und eines vorweg: die Fähigkeiten sind wirklich beeindruckend, aber es ist auch nicht alles Gold was glänzt. 

Der Chatbot ChatGPT erstellt unsere Einleitung

Konkrete Einsatzgebiete - vom Instagram Post bis zur Filmidee

Am Anfang unseres Tests haben wir uns gefragt, in welche unserer regelmäßigen Aufgaben wir ChatGPT miteinbinden könnten. Wir haben erstmal klein angefangen und den Bot einen Instagram Post anlässlich des anstehenden zweiten Geburtstags unserer Filmagentur Candela schreiben lassen. Die Anfrage kann dabei in natürlicher Sprache formuliert werden und bis zu tausend Zeichen umfassen. 

Gar nicht mal schlecht: ChatGPT schreibt einen Instagram Post

Wir finden diesen ersten Versuch schon recht gelungen und der Text kommt sogar mit Emojis & Hashtags daher. Obwohl wir der KI kaum Infos an die Hand gegeben haben, ist sie schon relativ nah an dem, was man an so einem Tag in der Regel teilen möchte. Trotzdem handelt es sich irgendwo um einen guten Standard – wirklich kreativ ist der Post nicht. Also fragen wir die KI, ob sie den Text auch etwas kreativer gestalten kann.

ChatGPT versucht es ein zweites Mal

Der zweite Vorschlag ist schon etwas weniger nüchtern formuliert, für unseren Geschmack aber ein wenig zu dick aufgetragen. Natürlich könnte man das Spiel nun aber fortsetzen und die gewünschte Tonalität des Posts weiter eingrenzen, der KI mehr Inhalt vorgeben, der einem wichtig wäre, usw. Für einen ersten Test sind wir aber zufrieden und möchten uns lieber direkt auf eine der Königsdisziplinen einer jeden Filmproduktion stürzen: die Konzeption. Die KI versteht sich schließlich auch auf das Erstellen von Geschichten. Als Anforderung haben wir einen humorvollen Recruitingfilm für einen IT-Dienstleister im Auge, mit dem Berufsbild des IT-Elektronikers. Als weitere Anforderung haben wir angegeben, dass der Film mit wenigen Darstellern umsetzbar sein soll. 

Die Filmidee eines Chatbots

Ein Recruiting Film im Matrix-Stil, inkl. weißem Kaninchen

Okay, wir sind tatsächlich ziemlich positiv überrascht, über diesen ersten Versuch des Chatbots. Klar ist die grundsätzliche Idee, den Film im Matrix-Universum spielen zu lassen, schon unzählige Male umgesetzt worden. Manche Vorschläge finden wir aber ziemlich gelungen. Insbesondere die Programmiererin, welche nur mithilfe von Emojis kommuniziert, können wir uns sehr gut vorstellen. Vieles ist aber nicht wirklich detailliert ausgeführt. Zum Beispiel wird nur erwähnt, dass der fiktive Charakter Tom die Maschinen am Ende besiegen wird, nicht jedoch wie er dies vollbringen könnte. Auf weitere Nachfrage schlägt die KI dann aber vor, dass Tom die Maschinen durch eine Sicherheitslücke in deren Code besiegen könnte. Eine solide Antwort, insgesamt fehlt dem Film aber eine Art Twist und besonders raffiniert ist der Vorschlag sicher auch nicht. Wir würden diese Idee in Ihrer jetzigen Form keinem Kunden vorschlagen wollen, aber es ist trotzdem beeindruckend, wie gut ChatGPD unsere Anfragen versteht und auf diese Antworten kann. Und das sogar auf Deutsch. Als weitere Aufgabe fragen wir die KI, ob Sie Ihre Geschichte auch als kurze Logline zusammenfassen kann.

Die Filmidee eines Chatbots

Das macht der Chatbot auch ziemlich zuverlässig und schafft es auf Anhieb, die wesentlichen Eckpfeiler der Geschichte zu erläutern. 

Als nächstes bitten wir die KI darum, uns bei beim Verfassen einer Werbe-E-Mail zu helfen. Thematisch soll sich die Mail um die Vorteile von Videomarketing drehen. 

Schon ganz solide - eine Werbemail von ChatGPT

Das Ergebnis ist schon recht gut, inhaltlich sicher auch nicht falsch. Aber halt auch wieder etwas nüchtern formuliert und insgesamt ausbaufähig. Ein guter Texter würde hier sicher zu einem viel besseren Ergebnis kommen – wir haben aber auch schon von Menschen verfasste Werbemails gesehen, die qualitativ deutlich schlechter geschrieben wurden. 

Natürlich haben wir noch einige weitere Dinge ausprobiert, wie z.B. das Schreiben von Texten für unsere Website, die Entwicklung eines Sprechertextes usw. Die Möglichkeiten sind endlos. Und überall dort, wo ein eher sachlicher Ton angeschlagen werden soll, kann die KI unserer Meinung nach oft punkten. Für komplexe kreative Aufgaben würden wir sie derzeit aber nicht einsetzen. Unterm Strich wird sie aber sicher viele Menschen im Alltag unterstützen können und sei es „nur“ als Quelle der Inspiration.

Nicht alles ist geklärt - ein Neustart für die Werbebranche?

Trotz allem Enthusiasmus gibt es aber auch viele offene Fragen & Kritikpunkte. Zum einen muss man nicht hellsehen können, um vorauszusagen, dass manche Berufsprofile der Kreativbranche in Zukunft möglicherweise nicht mehr im bisherigen Umfang benötigt werden oder anders eingesetzt werden. Zum Beispiel, um von KI erstellte Texte zu korrigieren, statt diese komplett selbst zu schreiben. In der Berichterstattung sind solche Text-KI’s in begrenztem Umfang ja schon im Alltag angekommen. 

Zum anderen könnte das derzeitige Werbemodell in Suchmaschinen zum Auslaufmodell werden. Viele Websites & Angebote werden zumindest teilweise durch die Schaltung von Werbung finanziert. Um mit dieser Werbung Geld zu generieren, müssen die User diese Seiten aber auch direkt besuchen. Wenn ich also nach einem Rezept für Käsekuchen suche und die KI ein Rezept ausspuckt, welches Sie auf einer dieser Websites gefunden hat, gibt es aber eigentlich keinen Grund mehr für die User, die Website im Anschluss nochmal zu besuchen. Dies wäre im Falle von ChatGPT auch gar nicht möglich, weil die Plattform ihre Quellen nicht offenlegt. 

Das vor kurzem von Microsoft lancierte „neue Bing“ hingegen nutzt ebenfalls ChatGPT als technischen Unterbau. Es zeigt aber zumindest die wichtigsten Quellen der generierten Antworten an und soll nichts weniger vollbringen, als die Art wie wir Suchmaschinen benutzen zu revolutionieren. Auf Nachfrage hat Microsoft angegeben, dass durch die Anzeige der Quellen für Traffic auf den entsprechenden Websites gesorgt wird. Es scheint derzeit nicht geplant zu sein, die Urheber der Informationen monetariell zu entlohnen. Auch ob Google’s bald erscheinende Antwort auf Chat-GPT, Google Bard, diese Themen anders angehen wird, ist derzeit noch unbekannt. Rechtlich ist zudem noch überhaupt nicht klar, ob eine derartige Verarbeitung von Fremdinhalten überhaupt zulässig ist. Schließlich haben Ersteller von Content auch ein Recht am eigenen Inhalt.

Werbung in den Antworten der KIs?

Auch noch nicht ersichtlich ist, wie genau sich die Schaltung von Werbung in Suchmaschinen (SEA) auf die Chatbots übertragen lässt. Zumindest Microsoft hat bereits angekündigt, dass es zukünftig als Unternehmen möglich sein wird, in den Ergebnissen der KI prominent platziert zu werden. Quasi analog zur heute üblichen Schaltung von Anzeigen in den Suchergebnissen. Dies könnte die Art und Weise wie Unternehmen im Internet Werbung treiben ganz grundsätzlich ändern, aber auch neue „Probleme“ mich sich bringen. So fragen wir uns zum Beispiel, ob Werbung auch immer auf Anhieb als solche zu erkennen sein wird. Wenn ich die KI z.B. fragen würde, welches Hotel in Bremen das beste Preis/Leistungsverhältnis bietet, wäre evtl. nicht sofort ersichtlich, ob die Antwort auf echten Erkenntnissen aus User-Bewertungen basiert, oder die Antwort von einem Unternehmen gesponsert wurde. Hier heißt es abwarten.

Eines ist auf jeden Fall klar: moderne KI-Tools werden den Werbemarkt mittelfristig gehörig umkrempeln. So hat z.B. der Coca-Cola Konzern gerade erst bekannt gegeben, dass es zukünftig für „hochgradig personalisiertes Marketing“ und „hypereffiziente Inhaltserstellung“ auf ChatGPT setzen wird. Was genau das bedeutet, ist dabei allerdings noch nicht klar. 

Unser Fazit: Ein beeindruckendes Tool, das viele Fragen offen lässt

Irgendwie sind wir zugegebenermaßen ziemlich geflashed von dem neuen Chatbot. Es lässt einen das Gefühl nicht los, es hier mit einer disruptiven Technologie zu tun zu haben, die viele Dinge irgendwann revolutionieren könnte – auch wenn Sie derzeit noch sicher keinen Menschen ersetzen kann. Vielleicht sind die Texte zum jetzigen Zeitpunkt selten perfekt und auch unsere Filmideen werden wir in Zukunft sicher selbst entwickeln. Das Tool kann einem aber durchaus als Inspiration dienen. Insbesondere von der Möglichkeit auch komplexe Fragen zu stellen, sind wir stark beeindruckt. Wir bleiben aber auch mit einigen offenen Fragen zurück, wie vorher bereits erwähnt. Letztendlich handelt es sich aber um eine Entwicklung, die niemand aufhalten kann und wir können sicher damit rechnen, dass derartige KI-Modelle in den kommenden Jahren nochmal deutlich smarter werden. 

© 2024 CANDELA. Alle Rechte vorbehalten.